Harte Zeiten für Tacho-Trickser
Der Tacho-Spion soll Tacho-Manipulierern das Leben schwer machen. Ultraschall-Technik kombiniert mit einer Spezial-Software ermöglicht es, den tatsächlichen Motorverschleiß in kurzer Zeit ohne Demontagearbeiten feststellen. amz hat sich zeigen lassen, wie das gehen soll. Das Gras wachsen hören: Der Tacho-Spion von Michael Schmutzenhofer ermittelt mit Hilfe von Ultraschall-Technik den Verschleiß von Motoren und Aggregaten. „Tacho-Trickser haben damit ausgedreht“, verspricht der Ultraschallexperte. Foto: Kuss
Nach Expertenschätzungen werden in Deutschland rund 30 Prozent der Gebrauchtwagen mit falschem Kilometerstand verkauft, wobei die Dunkelziffer sicher noch höher liegt“, sagt Michael Schmutzenhofer, Inhaber der Firma H.A.P.S Dienstleistungen in Augsburg und Erfinder des Tacho-Spion. Der staatlich geprüfte Maschinenbautechniker hat ein handliches System auf Ultraschallbasis entwickelt, mit dem sich der Betriebsbedingte Verschleiß des Motors und seiner Aggregate ohne Demontageaufwand ermitteln lässt. Laut Schmutzenhofer lässt sich mit dem Tacho-Spion „kinderleicht überprüfen, ob der tatsächliche Motorverschleiß mit der Tachoanzeige auch wirklich übereinstimmt.“ Die amz-Redaktion hat sich den Tacho-Spion genauer angesehen und sich von dessen Fähigkeiten überzeugt.
Ultraschall-Technik als Basis
Basis des von Schmutzenhofer entwickelten Tacho-Spions ist ein hochpräzises Ultraschall-Messgerät, das sich seit Jahren im Industrieeinsatz bewährt. Mit derartigen Ultraschall-Geräten werden in Industriebetrieben unter anderem Druckluft- oder Prozessgasleckagen, undichte Druckventile und mechanische Schäden an Aggregaten selbst an schwer erreichbaren Stellen aufgespürt. Auch in der Luftfahrt findet man diese Ultraschall-Technik, etwa um die Dichtheit von Flugzeug- oder Raumschiffkabinen zu überprüfen. Für Schmutzenhofer ist der Umgang mit Ultraschall-Messgeräten vertrautes Terrain: Er betreibt seit 2001 ein Unternehmen, das sich mit Ultraschall-Dienstleistungen wie der zerstörungslosen Verschleißmessung und der Leckageortung beschäftigt. Der staatlich geprüfte Maschinenbautechniker verwendet dazu seit Anfang an ein Ultraschall-Messgerät der Richard Chambers GmbH, das auch die Basis des Tacho-Spion bildet.
Charakteristische Geräusche
„Defekte wie Druckluftleckagen oder mechanischer Verschleiß geben auf einer Frequenz von 40 Kilohertz charakteristische Geräusche von sich. Diese entstehen, wenn Materialteilchen aneinander reiben, etwa Duckluft an der metallenen Leitung, Lagermetall an der Welle oder elektrische Ladungsteilchen an Isolatoren. Dabei entsteht auf molekularer Ebene ein Rauschen, das sich mit einem hochempfindlichen Mikrofon aufnehmen und mit Hilfe von komplexer Elektronik in für das menschliche Ohr wahrnehmbare Töne umwandeln lässt“, erklärt Richard Chambers. „Die Töne unterscheiden sich je nach Art des Defekts voneinander. Daher ist es möglich, genau zu unterscheiden, ob es sich bei der aufgespürten Störung um ein Gas- oder Luftdruckleck oder eine elektrische Entladung handelt“, so Chambers weiter. Je lauter das Geräusch wird, desto näher ist die Fehlerquelle. „Der Schaden befindet sich dort, wo der Schallpegel am höchsten ist“, sagt Chambers.
Für‘s Auto „umgestrickt“
Schmutzenhofer, der mit Hilfe der Ultraschall-Diagnose schon seit Jahren erfolgreich die Lager von stationären Aggregaten untersucht und so deren Verschleißzustand feststellt, kam dem eigenen Bekunden nach bei der regelmäßigen Lagerkontrolle auf die Idee, „dass sich mit dieser Ultraschall-Technik doch auch der Verschleiß von Fahrzeugmotoren feststellen lassen muss“. Das war 2001. Mittlerweile hat der Maschinenbauspezialist aus der Idee ein Gerät zum Anfassen entwickelt, „mit hoch komplizierter Technik, die sich jedoch sehr leicht handhaben lässt“, wie der Tüftler meint. Schmutzenhofer passte das Grundgerät mit einer langen Körperschallsonde den speziellen Bedürfnissen an und kombinierte das Ganze mit einem PDA, auf dem die selbst entwickelte Auswertungssoftware läuft. Um sich vor Nachahmern zu schützen, hat der findige Augsburger das System zum Patent angemeldet. „Ich habe die Motoren sehr vieler verschiedener Fahrzeugtypen und mit den unterschiedlichsten Laufleistungen, vom Neumotor bis hin zum 300.00-km-Agregat, gemessen. Anhand der Messungen habe ich dann bestimmte charakteristische Geräusche identifiziert“, erklärt Schmutzenhofer. Auf diese Weise habe er eine aussagefähige Referenzdatenbank mit Richtwerten erstellen können. „In dieser Datenbank lässt sich bei einer Motorverschleißmessung nachschauen, welches Geräusch ein Motor mit einem bestimmten Alter und einer bestimmten Laufleistung machen darf. Stimmt das ermittelte Geräusch mit dem aus der Datenbank nicht überein oder gibt es eine zu große Abweichung, ist etwas faul“, erklärt der Ultraschallexperte.
Einfach anzuwenden
Die Anwendung des Tacho-Spions gestaltet sich einfach und lässt sich mit einem Minimum an Vorbereitungsarbeiten erledigen. Falls notwendig, sind lediglich Motorabdeckungen abzubauen um an die Schrauben des Zylinderkopfs zu gelangen. Anschließend ist der Motor auf Betriebstemperatur zu bringen, die Messung selbst erfolgt bei Leerlaufdrehzahl. Um die Messergebnisse nicht zu verfälschen, empfiehlt Schmutzenhofer sämtliche Verbraucher wie Heckscheibenheizung und Klimaanlage ausschalten. Für den Messvorgang selbst wird die aus Aluminium gefertigte Messspitze des Tacho-Spions, eine so genannte Körperschallsonde, drei Mal hintereinander auf eine gut zugängliche Zylinderkopf- oder Ventildeckel- Befestigungsschraube gepresst. Auf dem Bildschirm des PDA lassen sich die Messwerte ablesen und anschließend manuell in die internetbasierte Geräuschdatenbank übertragen. „Nach einer kurzen algorithmischen Auswertung erhält der Anwender sofort den interpretierten Kilometerstand angezeigt. Auf Wunsch lässt sich auch ein Protokoll erstellen und ausdrucken“, erklärt Schmutzenhofer.
Zusatznutzen inklusive
Doch der Tacho-Spion kann noch mehr. Mit Hilfe der Ultraschalltechnik lassen sich auch undichte Windschutzscheiben, rissige Unterdruckschläuche, durchschlagende Zündkabel oder Lecks an Druckluftbremsanlagen aufspüren. „Selbst ein defekter Hydrostößel lässt sich damit bei laufendem Motor in rund zwei Minuten finden“, verspricht Schmutzenhofer. Das Lokalisieren von Löchern in Reifen oder die einfache Überprüfung von Bremskraftverstärkern oder Kurbelwellenlagern sei ebenfalls kein Problem.
Anschaffung rechnet sich
Die Kosten des Tacho-Spions belaufen sich laut Schmutzenhofer auf rund 9500 Euro (inklusive Mehrwertsteuer), zum Lieferumfang gehören das Ultraschallmessgerät, das Spezialmikrofon sowie die Auswertesoftware. Gedacht ist das Gerät vor allem für Gebrauchtwagenhändler, große Autohäuser, Gutachter, Firmen mit eigenem Fuhrpark oder Leasingunternehmen, die Privatleasing mit Kilometerlimit anbieten. Eine weitere Zielgruppe sieht der Erfinder in Flottenmanagern und Speditionen mit eigener Werkstatt, die das System als Überwachungswerkzeug für die regelmäßige Kontrolle von Motoren und Aggregaten einsetzen wollen. „Die Investition rechnet sich möglicherweise schon mit der ersten Reparatur, die sich ausführen lässt, bevor ein größerer Schaden auftritt und das Fahrzeug im schlimmsten Fall liegen bleibt“, meint Schmutzenhofer. Für Betriebe, denen die Anschaffung des Tacho-Spion zu teuer ist, bietet der Augsburger Tüftler den Ultraschall-Motortest auch als einkaufbare Dienstleistung an. Ein Einzeltest schlägt dann mit rund 45 Euro zu Buche. Derzeit baut der Ultraschallexperte ein deutschlandweites Netz mit „Tacho-Spionen“ auf. Wo sich bereits autorisierte Stützpunkte befinden, lässt sich auf der Homepage www.tacho-spion.de nachlesen. Klaus Kuss